E-Books: Lückenhaftes Angebot, zu viele Dateiformate
Eine saldo-Stichprobe zeigt: Das Angebot an elektronischen Büchern ist noch klein. Zudem ist nicht jedes E-Book auf jedem Reader lesbar. saldo zeigt, worauf man achten muss.
Inhalt
saldo 12/2010
20.06.2010
Letzte Aktualisierung:
22.06.2010
Bertolami
Rund 40000 E-Books sind zurzeit in deutscher Sprache erhältlich. Und jede Woche kommen mehrere Hundert dazu. Viel Lesestoff also. Trotzdem sind bisher nicht einmal 10 Prozent aller deutschen Bücher auf dem Markt auch in elektronischer Form erschienen.
Aber wie sieht es bei den gefragtesten Büchern aus? saldo machte die Probe aufs Exempel anhand der aktuellen Bestsellerlisten. Welche Titel sind bei den grössten Online-Buchhandlungen sowie bei iBooks und dem Kindl...
Rund 40000 E-Books sind zurzeit in deutscher Sprache erhältlich. Und jede Woche kommen mehrere Hundert dazu. Viel Lesestoff also. Trotzdem sind bisher nicht einmal 10 Prozent aller deutschen Bücher auf dem Markt auch in elektronischer Form erschienen.
Aber wie sieht es bei den gefragtesten Büchern aus? saldo machte die Probe aufs Exempel anhand der aktuellen Bestsellerlisten. Welche Titel sind bei den grössten Online-Buchhandlungen sowie bei iBooks und dem Kindle Store als E-Book erhältlich?
Resultat: Knapp die Hälfte der fünf meistgekauften Titel in den Kategorien Belletristik, Sachbücher und Taschenbücher gibt es auch in digitaler Form. Schon weiter fortgeschritten ist die Digitalisierung bei den Klassikern (siehe Tabelle im pdf-Artikel).
Schlecht schneiden in der Stichprobe der Apple-Buchladen iBooks und der Kindle Store ab: Kein einziger der gesuchten Bestseller ist dort erhältlich, und auch bei den gesuchten Klassikern ist das iBooks-Angebot im Vergleich klein.
Alle Online-Buchhandlungen haben auf ihren Internetseiten ein Such-kästchen. Doch die Programme dahinter lassen oft noch zu wünschen übrig. Es kommt vor, dass sie ein gesuchtes Buch nicht finden, obschon es vorhanden ist. Oder dass sie nicht alle Ausgaben eines Buches anzeigen. Um ein E-Book zu finden, geht man am besten so vor:
- Zuerst die Kategorie
- Books wählen
- Buchtitel und Autor eingeben/Titel ohne Autor eingeben/Autor ohne Titel eingeben.
Ist das gewünschte Buch gefunden, stellen sich zwei Fragen: In welchem Format liegt es vor? Und: Kann der gekaufte E-Book-Reader dieses Format entziffern? Denn das ist das Ärgerlichste bei den E-Books: Es gibt keinen einheitlichen Standard. Die Online-Buchhandlungen versuchen die Kunden mit eigenen Formaten an sich zu ketten.
Nicht jedes Buch ist mit jedem Lesegerät kompatibel
Ein Beispiel: Jemand kauft bei Buchhaus, Ex Libris, Orell Füssli oder anderen Schweizer Anbietern ein E-Book im epub-Format. Dann lässt sich dieses Buch problemlos auf einem Sony-Reader lesen. Doch auf das iPad bringt man es nicht – und dies, obwohl dieses neuste Gerät von Apple ebenfalls mit epub arbeitet!
Das gilt auch umgekehrt: Wer im Buchladen von Apple – iBooks genannt – einkauft, ist gebunden. Er muss die Bücher auf einem iPad lesen. Demnächst wird auch das iPhone als Lesegerät für iBooks-Titel einsetzbar sein. Auf Sony-Reader lassen sie sich aber nicht übertragen. Schlussfolgerung: epub ist nicht gleich epub. Das Grundformat wird mit speziellen Schutzwällen umgeben, welche den freien Austausch verhindern.
Der weltweit grösste Anbieter von elektronischen Büchern ist Kindle von Amazon, mit rund 600‘000 Titeln im Sortiment. Auch Kindle hat sein eigenes Format. Lange konnte man seine Bücher nur auf dem Kindle-Reader lesen. Doch iPad und iBooks von Apple haben Amazon nun Angst eingejagt.
Um den Verlust an Marktanteilen möglichst klein zu halten, brachte Amazon vergangenen April eine Kindle-Applikation für Apple-Geräte heraus. Seither ist es möglich, Kindle-Bücher auch auf iPad, iPhone und iPod Touch zu laden. Leseratten deutscher Sprache nützt das aber kaum. Denn deutsche Kindle-Bücher gibt es nur sehr wenige.
Für die Konsumenten ist es wünschenswert, dass alle künstlichen Formatmauern fallen. Jedes Buch sollte mit jedem Lesegerät kompatibel sein. Schritte in diese Richtung macht im deutschen Sprachraum Textunes, ein deutsches Jungunternehmen. Wie Kindle brachte es eine Applikation für iPad, iPhone und iPod Touch heraus. So können nun auf diesen Geräten auch epub-Bücher bekannter Verlage gelesen werden – von Diogenes über Heine bis Suhrkamp.
Zahlenmässig fällt das Textunes-Angebot mit rund 760 Titeln noch nicht ins Gewicht. Doch erstens sind darunter diverse Bestseller und Klassiker zu finden – von «Achtung Baby» von Michael Mittermeier über die Stieg-Larsson-Krimis bis zu Evergreens von Böll und Goethe. Zudem kommen laufend weitere Bücher dazu.
E-Book-Leser müssen sich und ihr Lesegerät registrieren
Zurück zum Kauf-Ablauf: Ist ein gewünschtes Buch kompatibel mit dem vorhandenen Lesegerät, kann der Kauf erfolgen. Dann muss man das Buch herunterladen – ein Schritt, der nicht für alle E-Book-Käufer selbstverständlich ist. Internet-Buchläden stellen ab und zu fest, dass Kunden meinen, ihnen werde das E-Book nach Hause geliefert.
Noch etwas Wichtiges: Wer elektronische Bücher lesen will, muss sich und seine Lesegeräte registrieren. Es ist zwar möglich, ein E-Book auf mehrere Geräte zu laden, aber nur auf die eigenen, registrierten. Anders als normale Bücher kann man E-Books nicht weitergeben, somit auch nicht verschenken. Auch Ausdrucken geht nicht. Die Verlage wollen die Verbreitung zum Nulltarif verhindern. Schenken kann man ein E-Book nur indirekt, mit einem Geschenkgutschein.
Und wie sieht der E-Book-Markt kostenmässig aus? Er richtet sich nach den Preisniveaus der normalen Bücher. Dabei lassen sich gegenwärtig drei Phasen feststellen:
- Ein Buch erscheint neu, meist in gebundener Form, und ist teuer. In dieser Phase ist das E-Book meist 10 bis 20 Prozent günstiger, aber immer noch teuer.
- Ein vorhandener Titel erscheint neu als preiswertes Taschenbuch. Der Preis des E-Books sinkt ebenfalls, manchmal sogar tiefer als jener des Taschenbuchs. Elektronische Bücher sind dann bis 40 Prozent günstiger als die entsprechenden Taschenbücher.
- Am billigsten sind die Klassiker, sowohl als Papierausgabe wie in elektronischer Form. Wenn die Rechte abgelaufen sind, gibt es manch einen Klassiker sogar gratis. Eine gute Adresse für elektronische Bücher zum Nulltarif: www.gutenberg.org.